Das Hegemoniale seit der Diagonale
Der Kulturkampf gegen eine schwarzblaue Diagonale wurde erfolgreich geschlagen. Dennoch steht die Filmbranche heute gespalten und finanziell zerrüttet da. Warum eigentlich?
Die existenzielle Krise der österreichischen Filmwirtschaft den Jahren der bleiernen schwarzblauen Kulturpolitik zuzuschreiben, hat einige Berechtigung. Auch wenn sich die große Koalition davor nicht gerade durch besonderes Engagement ausgezeichnet hatte, erwiesen sich die Sonderbudgets 1998 und 1999 als Basis für eine ungeheure Aufwärtsbewegung des österreichischen Filmschaffens. Der Antritt der national-konservativen Regierung im Jahr 2000 fiel just in die Aufbruchstimmung des "österreichischen Filmwunders". Zwischen 1999 und 2002 bebten die Feuilletons vor Stolz über bisher nicht gekannte Festivalerfolge von Albert, Haneke, Seidl, Geyrhalter und einer ganz neuen Generation von AutorInnenfilmerInnen. Sie entwickelten strikte ästhetische Bildsprachen, aber auch andere produktionstechnische Ansprüche, indem sie starre Positionen der ProduzentInnen (Hierarchie zur Regie, Urheberrecht, nationaler Fokus) erschütterten.
Der beachtliche mediale Hype (das Label der Nouvelle Vague Viennoise wurde geprägt) mochte Kunststaatssekretär Franz Morak zur Fehlinterpretation verleitet haben, das sich formierende symbolische Kapital dieser kreativen Filmszene lasse sich flugs in wirtschaftliche Rendite ummünzen. Das schwarzblaue Kabinett hatte sich ja bereits unter beachtlichem Jubel an den neoliberalen Umbau des Staates gemacht, als er selbst sich nun anschickte, auch den Kreativen des Landes das Primat der Ökonomie zu verordnen. Filmschaffen sollte sich an der Form (Verwertbarkeit) statt an Inhalten (Gesellschaftskritik) orientieren. Kulturpolitik musste die Gesetze der Wirtschaftspolitik übernehmen. Und Politik selbst sollte nicht länger die Austragung von Interessenkonflikten sein, sondern das, was die Polizei tut: Ruhe stiften, Konsens von oben verordnen. "Künstler, hört auf zu protestieren und geht endlich wieder arbeiten!", rief Morak diesen einmal zu. Die Filmschaffenden hatten bis auf wenige Ausnahmen den Antritt des schwarzblauen Kabinetts abgelehnt, standen aber auch dem im Regierungsprogramm proklamierten Schwerpunkt zum österreichischen Film zumindest skeptisch gegenüber. Darin ließ sich ein neoliberaler Kurs bereits ablesen, das Attribut der "Merkantilisierung" (Konrad Paul Liessmann) erarbeitete sich Morak durch seinen autistischen Führungsstil von schräg oben schließlich selbst.
In ihrem Antrittsprogramm hatte die Regierung einerseits ganz prophylaktisch einen "effizienteren Einsatz der Fördermittel" verordnet und damit festgelegt, was sie andererseits einer renitenten Filmszene (die dem Ausland andere Österreichbilder vorlegte) nicht bieten werde: die nötige Aufstockung der Förderbudgets. Ironischerweise zeigten sich die ModernisiererInnen auch nicht in der Lage, das in Aussicht gestellte Risikokapital verfügbar zu machen: kein Steuermodell, keine Medienfonds, kein private equity. Das traf just die am empfindlichsten, deren Ausrichtung dem proklamierten Kurs entsprach, also jene wenigen großen ProduzentInnen, die sich zwischen nationalem Kinomarkt und der Fernsehproduktion bewegen. Die Einrichtung eines Fernsehfilmfonds, mit 7,5 Millionen Euro satt dotiert und rein kommerziell ausgerichtet, schloss diese Lücke zum Teil. Der Fonds blieb Moraks einzige strukturelle Maßnahme. Der neoliberale Umbau einer zur Introspektion neigenden AutorInnenfilmszene in eine vermarktungszentrierte Filmindustrie erschien ohne die Kapitalisierung der Filmwirtschaft jedenfalls noch skurriler. Dennoch steht die Branche heute anders da.
Das Primat der Ökonomie gilt auch nach Schwarzblau, allerdings unter anderen Vorzeichen: als budgetärer Dauernotstand, in dem renommierte Produktionsfirmen belehnt sind, während die Kreativen – teils nun selbst in der Rolle von ProduzentInnen – weiterhin in prekarisierten Verhältnissen arbeiten. Der brutale Verteilungskampf, der seit einigen Jahren die Branche beherrscht, ist keineswegs Naturgegebenheit oder auch Fluch eines kleinen Marktes, sondern das Ergebnis einer Politik des Marktes selbst. Konnte ein vitales Filmschaffen unter den Bedingungen einer Kulturförderung wachsen, sollte es unter nunmehr geltenden wirtschaftlichen Notwendigkeiten wieder "gesund" schrumpfen. Besonders fatal erwies sich dabei, wie die dringend zu führende politische Auseinandersetzung über ökonomische Realitäten nach und nach in eine ästhetische Diskussion verschoben wurde, in der sich profanes Konkurrenzdenken ideologisch zu tarnen suchte. Hätte ein Interesse der institutionellen Politik bestanden, in den Umbrüchen der heimischen Filmlandschaft förderpolitisch Orientierungshilfe zu leisten, dann wäre das Jahr 2003 noch nicht zu spät gewesen.
Einerseits war die "Trademark Austrian Film" im internationalen Festivalzirkus bestens positioniert, andererseits wies das junge Filmschaffen erste Erstarrungssymptome auf. Hatte der neue "österreichische Film" durch eigenständige Erzählstrategien und seine strukturell ausgerichtete Gesellschaftskritik in der Öffentlichkeit Bedeutung erlangt, drohte er unter der eigenen Repräsentationslast ins Epigonenhafte abzudriften. Die Milieubeschreibungen und ein gewisser depressiver Grundton begannen sich zu wiederholen. KritikerInnen orteten deterministische Tendenzen, Viennale-Direktor Hans Hurch entwarf einmal süffisant die Kategorie des "Verelendungsfilms". Zugleich zeichnete sich ab, dass die andere, proletarische Seite des "österreichischen Films", der Kabarettfilm, die Gemeindebauexotik an den Kinokassen ausgereizt hatte. Die VolksheldInnen zogen sich in eigene TV-Formate zurück und hinterließen in den Budgets ihrer Produktionsfirmen empfindliche Löcher. Während den arrivierten Produktionsfirmen aber mit der nachdrängenden Generation an RegisseurInnen und ProduzentInnen eine neue Konkurrenz um die ohnehin knappen Fördergelder erwuchs, fehlten den aufstrebenden Jungen wiederum die nötigen Handlungsräume. Sie klinkten sich letztlich in eine kleinteilige, eigenkapitalschwache Produktionslandschaft ein, in der sie schon bald in offenen Konflikt mit den systemvertrauten ProduzentInnen gerieten. Ihre ästhetischen Entwürfe waren nicht an einem affirmativen sozialen Bedürfnis, sondern an den radikalen Bildsprachen eines Haneke oder Seidl ausgerichtet. Dementsprechend schrumpfte das Festivalfilmwunder am heimischen Kinomarkt zu einem – seinem kleineren Ausschnitt der Wirklichkeit entsprechenden – Nischenprogramm.
Da es auch in Nischen ein größtmögliches Publikum gibt und Filmförderung zudem kulturelle Förderung ist, unterscheidet das Österreichische Filminstitut zwei Arten von Erfolg: den wirtschaftlichen und den künstlerischen. Das heißt, Festivalpreise und Kinobesuchszahlen werden gleichermaßen mit Referenzmittel (das sind nicht rückzahlbare Förderungen) honoriert, die der/die ProduzentIn für eines seiner nächsten Projekte einsetzen kann. Die wachsende Anzahl an Festivaleinsätzen und für Erfolge ausgeschüttete Referenzmittel schmälerten somit nicht nur das Gesamtbudget, sondern führten durch die paradoxe Konkurrenzsituation auch zu einer Diskussion über den Modus der Vergabe selbst. So ist es vielleicht erklärbar, warum der sich zuspitzende Verteilungskampf immer wieder über die irreführende Frage "Kunst oder Kommerz" geführt wird. Mit dem Wegbrechen des Kabarettfilms bzw. überhaupt großer nationaler Kinoerfolge neigte sich das Verhältnis vergebener Fördergelder aus subjektiver Sicht zugunsten eines an heimischen Kinokassen "unproduktiven" Filmschaffens. Die Diskussionen über Besuchszahlen waren geboren, die Termini und Logiken des Ökonomisierungsdiskurses aufgegriffen und zu politischen Waffen in den eigenen Reihen geworden. Tatsächlich ist der österreichische Film seit Einführung der Filmförderung 1980 kaum über wenige Prozentpunkte Marktanteil hinausgekommen. Den Blick auf das Ganze verfälschten einzelne Austro-Blockbuster wie "Hinterholz 8" oder "Poppitz", die Statistiken bereinigten und so strukturelle Mängel überdeckten. Die heute tautologisch formulierte Parole, dass Filme gesehen werden müssen, und jenes re-artikulierte Bedürfnis nach Erzählungen mit nationalem Fokus verhalten sich seither wie stille Verbündete gegen ein Filmschaffen, dessen Selbstverständnis internationalistisch ausgerichtet ist. Intimität und Identität einer örtlichen Vertrautheit einzuschreiben, bietet im Sinn der Wiedererkennbarkeit (Unsere Straße! Unser Schauspieler! Das sind wir!) einen nicht zu unterschätzenden Attraktionswert, verschweigt aber, dass Identifikationen wie gesellschaftliche Positionsbezüge generell vor nationalen Grenzziehungen nicht haltmachen. Überlegungen wie diese gelten freilich nicht der Wiedererrichtung des Rustikalen, sondern beschreiben Kämpfe um eine Hegemonie, die über Scheinöffentlichkeiten geführt wird und dem förderpolitischen System selbst gilt.
2003 wäre zwecks Orientierung also ein gutes Jahr für kommunikatives Handeln gewesen. Einer Kinofilmbranche, die fast vollständig von Fördergeldern abhängt, ein Verwertbarkeitsdogma aufzuerlegen, heißt, sie in jene Unentschiedenheit zu verwünschen, in der sich der ORF zwischen öffentlich-rechtlichem Auftrag und kommerzieller Ausrichtung aufreibt. Kunststaatssekretär Morak übte seine politische Macht so aus, dass er sich hinter deren institutionellen Fassaden verschanzte. Er lenkte nicht, er schwieg von oben. Wen hätte er auch lenken sollen, funktioniert die Filmszene doch nicht wie jene hierarchischen Apparate anderer Kulturressorts, in denen sich die inhaltliche Leere der eigenen Politik durch die Besetzung zentraler Positionen immerhin noch zu einer machtpolitischen Architektur aufbauen lässt. Das eigenartige Kräftemessen mit dem Netzwerk der Filmbranche versuchte Morak schließlich für sich zu entscheiden, indem er wie ein Regisseur den Fluss der Handlung seiner ProtagonistInnen in einem einzelnen Bild einfror, so, als würde damit die Zeit gerinnen. Morak korrigierte die Mittel des Filminstituts nicht auf das Niveau der Sonderbudgets; er sprach sich nicht für eine Adaption des unterdotierten Film/Fernsehabkommens aus (eine der drei notwendigen Fördersäulen, um ein Filmprojekt zu finanzieren) und er setzte keine Schritte für eine Kapitalisierung der ProduzentInnen. Die erforderliche Diskussion über zukünftige Strategien bis zur Positionierung des Filminstituts ließ er aus. Stattdessen verwickelte Morak die Branche im Jahr 2003 in einen obskuren Machtkampf um die Diagonale.
Jahrelang war um die Ausrichtung und Austragungsorte des Festivals des österreichischen Films konkurriert worden. Unter der Intendanz von Christine Dollhofer und Constantin Wulff konnte sich die Diagonale in Graz schließlich als Branchentreff und Kommunikationsplattform etablieren. Innerhalb weniger Jahre hatten sie die Besuchszahlen verdoppelt, das Festival durch kritische filmische Positionen aus Südosteuropa erweitert. Einen prononcierten Kommentar bedeutete die Programmierung einer Kompilation aktivistischer Kurzfilme zum neuen rechtskonservativen Konsens des Landes: "Die Kunst der Stunde ist Widerstand" sorgte für mediales Echo und ging als Programm auf internationale Festivaltour. All das und vielleicht auch jener unfreundliche Empfang, der dem Staatsmann bei seinem ersten Diagonale-Besuch bereitet wurde (es blieb sein einziger), mag Anlass für einen Revanchismus geboten haben, der Morak unterstellt wurde. Als im Frühling 2003 Dollhofers Vertrag auslief, schwieg sich der Proponent des neuen Kunstverständnisses jedenfalls neun Monate lang über eine Verlängerung aus, bis die politische Gegnerin ihren Antrag zurückzog. Das war insofern besonders tragisch, als der Staatssekretär kurz darauf seine eigenen "Pläne" präsentierte. Die "Diagonale neu" sollte nunmehr in ein südosteuropäisches Festival des österreichischen Films umgewandelt werden. Am unentschiedenen Profil stieß sich sein BeraterInnenstab nicht, auch wenn keinerlei Vorstellungen darüber bestanden, was der Schritt zur kulturellen Heimkehr der Kronländer zu bieten hat. Fest stand immerhin: 70 Prozent der Filme sollten aus den Nachbarländern kommen, 30 Prozent aus Österreich.
Die Beliebigkeit des Festivalprojekts zeigte sich allein daran, dass dieses Verhältnis wenige Monate später - unter dem Druck der Kritik - einfach umgedreht wurde. Bereits verstörend wirkte der Kernpunkt der Reform, die Transformation der Diagonale in ein A-Festival. Neben Cannes, Venedig und Berlin sollte Graz jährlich die internationalen Filmtrends und Stars vorgeben, auf einer Projektbörse und einem "Filmbasar" (wie passend für balkanische Fantasien) die wichtigsten ProduzentInnen der Welt in Kontakt mit den regionalen Filmschaffenden bringen. Vornehmlich aus dem TV-Bereich, MedienmacherInnen aus dem Kirch-Umfeld und dem Styria-Verlag waren für die neuen Diagonale-Gremien bereits in Stellung gebracht. Moraks Empfehlung an die Filmschaffenden, sich am deutschen Markt zu orientieren, sollte endlich einen Handlungsrahmen erhalten. Verwertung, Verwertung, Verwertung waren die Prämissen eines Deals, der den Leitsatz der schwarzblauen Kulturpolitik umsetzen sollte: die Kultur ein gutes Stück näher an die Wirtschaft heranzubringen. Der kulturelle Transfer der Diagonale war als Geschenk verpackt: das Budget durch Privatsponsoring verdoppelt, die Festivaldauer von sechs auf neun Tage ausgedehnt, die Anzahl der Preise (waren es mehr als 16?) nahezu unüberschaubar geworden. Gipfel der mit 250.000 Euro dotierte "Sunrise Austria Award" als mit Abstand höchste Festivalauszeichnung Europas.
Und wie reagierten die Filmschaffenden auf den neuen Überfluss? Sie lehnten ab. Allein die Finanzierungsidee des Sunrise Award warnte schon vor originellen Junktimen. Nach einem bislang neuen Modus wäre das Preisgeld aus der Filmförderung abgezogen worden, hätte also nicht nur Budget nach den Vorstellungen der MedienmacherInnenjury ins nächste Projekt einer Produktionsfirma umgeleitet, sondern erstmals ein Festival direkt in die Agenden der Filmförderung intervenieren lassen. Die Umwidmung der Diagonale in eine Spielwiese für MarktapologetInnen, ein tölpelhaft erstelltes Konzept, eine fehlende Gesprächsbasis mit den Kreativen, das Abservieren der Intendantin und die Schließung eines unliebsamen Kommunikationsortes mussten die Filmschaffenden als willentlichen Zerstörungsakt empfinden. Viennale-Direktor Hans Hurch dachte schon bald laut über einen "kleinen Kulturkampf" nach, erste Filmschaffende kündigten an, die Vorführung ihrer Filme zu verweigern. Allianzen bildeten sich, auch Institutionen dachten laut über Boykott nach, kollektiver Widerstand wurde denkbar. Mitte Oktober stand fest, dass der Opposition die Selbstorganisation folgen musste, sollte die Autonomie des Festivals behauptet werden. Der Anspruch auf Handlungsfähigkeit schuf am Ende auch Verbündete in der Kommunalpolitik, die Subventionen kurzerhand umlenkte. Auch irritierende patriotische Töne und Ressentiments gegen eine nicht-deutschsprachige Intendanz wurden laut, der Weg der "Gegen-Diagonale" zur "Originalen Diagonale" erinnerte schließlich an jene FürsprecherInnen der Demokratie, die sich während des Protests gegen die nationalkonservative Regierung als das "wahre Österreich" gerierten.
Mit der sich konkretisierenden "Gegen-Diagonale" geriet die Morakonale zunehmend unter Druck. Innerhalb weniger Wochen zerbröselte das A-Festival zu einem einsamen Rückzugsgefecht. Das lag einerseits daran, dass Moraks Politik weniger auf konzeptuelle Lösungen setzte, als vielmehr eine ökonomische Ratio und persönliche Loyalitäten in den Vordergrund stellte. Das Intendantentrio selbst scheiterte an Desinteresse und "Inkompetenz" (dritter Intendant Wolfgang Ainberger über seinen eigenen zweiten Intendanten Tillman Fuchs). Die kommerzielle Umpolung der Filmbranche war damit über den (in seiner Bedeutung) fragwürdigen Knotenpunkt der Diagonale gescheitert. Auch unter kräftigem solidarischen Zuspruch internationaler Festivals und Medien - selbst die Neue Zürcher Zeitung replizierte den Kampfbegriff der Morakonale. Der kleine Kulturkampf war also entschieden, der "Coup de Graz" (Cahiers du Cinéma) gelungen. Aber was damit gewonnen?
Dass letztlich Symbole über Substanz triumphierten - hätte die Förderungspolitik nicht ein ebenso aktivistisches Handeln erfordert? - wurde in den Jahren seither deutlich. Gelang es gerade noch, den Widerstand auf Basis eines kollektiven politischen Willens der Verbände und Filmschaffenden zu formieren, ließen sich die Spannungen im Verband der österreichischen Filmproduzenten (aafp) nur noch mühsam verdecken. Einige Mitglieder folgten Morak, während mit den Regieverbänden und dem Dachverband der Filmschaffenden keine gemeinsame Position mehr gefunden werden konnte. Die Spaltung des aafp im Jahr 2006 setzt somit die proklamierte Notwendigkeit einer neuen ökonomischen Symmetrie fort. Ebenso wie Überlegungen zu einer "Strukturbereinigung", um die Anzahl prekärer ProduzentInnen (die Wirtschaftskammer spricht von EPUs) zu reduzieren. Ebenso wie nunmehr stärker an Rentabilitätslogiken geschulte Wertmaßstäbe eingefordert werden. Ebenso wie die Absage an unproduktive "Befindlichkeitsfilme" (Chiffre für "Festival-" oder auch "Kunstfilme"). Ebenso wie das mancherorts artikulierte Bedürfnis nach der Rückkehr des Subjekts in ein narratives Kino. Eine bankrotte Filmpolitik hat als gründlichsten Akt die Förderlandschaft zur Arena erklärt, in der das Ringen um Hegemonie von existenziellen Nöten befeuert wird.
Das Schattenboxen mit der Politik hat sich auf unheimliche Weise als Kulturkampf in der Filmbranche fortgepflanzt.