Eine bewegliche Kartografie intellektueller Formationen 1999-2008
Am 8. März 2000 herrschte wieder Unruhe im Burgtheater. Nachdem am 3. Februar, am Vorabend der Angelobung der schwarzblauen Regierung DemonstrantInnen die Bühne gestürmt hatten, wurde auf einer der Spätabenddiskussionen, die seitdem im Haus am Ring stattfanden, einer der Podiumsteilnehmer, der Wiener Philosoph Konrad Paul Liessmann, mit Pamphleten attackiert. Die Flugblätter der antirassistischen Plattform gettoattack wiesen darauf hin, dass ein Text Liessmanns gerade bei Zur Zeit erschienen war, dem zentralen Organ des Rechtsaußen-FPlers Andreas Mölzer, der in den folgenden Jahren durch permanente Auftritte in Krone, Presse und ORF eine penetrante mediale Präsenz entwickeln sollte …
Die Ereignisse und Entwicklungen der turbulenten Zeit nach den österreichischen Nationalratswahlen im Oktober 1999 sind einerseits als Bruch zu verstehen, andererseits unter ständiger Berücksichtigung der Kontinuitätslinien der SP-VPKoalitionen der 1990er bis hin zu jener Neuauflage zu untersuchen, die den Jahren der rechten Regierung unter der Führung von Wolfgang Schüssel und Jörg Haider1 folgte. Sowohl die Brüche als auch die Kontinuitäten2 spielen sich vor der globalen Folie der langfristigen Transformation von postfordistischer Produktion und neoliberalem Kapitalismus ab, als deren Funktionen die politische Parteienlandschaft in Europa und ihre Tendenzen vor allem des sozialdemokratischen Populismus der Mitte und der Normalisierung und Popularisierung des rechtsradikalen Rands gelten müssen. Ebenso sind jedoch auch alle diese Landschaft bedingenden wie über sie hinausgehenden politischen, "gelehrten " und intellektuellen Diskurse als Funktionen eines nunmehr – da vor allem auch intellektuelle und affektive Komponenten ausbeutenden – kognitiven Kapitalismus zu verstehen. Vor diesem Hintergrund macht es für mich Sinn, eine provisorische und bewegliche Kartografie "intellektueller Formationen " in Österreich zu entwerfen, die in der Kürze meines Unternehmens natürlich einigermaßen zugespitzt und verkürzt ausfallen muss. Diese Kartografie will weder positivistisch-soziologische Analyse eines Felds betreiben, noch die in ihr beschriebenen Phänomene rigide in einer Skala von rechts nach links auffädeln und stratifizieren. Wenn es auch konkrete Reaktionsmuster von einer Diskursformation auf eine andere gibt, so dürfen diese verschiedenen Formationen nicht als Reaktionsketten, sondern als einander wechselseitig bedingend und verschiebend verstanden werden, auch in ihrem Wandel über das letzte Jahrzehnt. Meine Text soll vorerst die Situation um 2000 beleuchten, um dann zu fragen, wie und in welcher Hinsicht sich die Formationen von Intellektuellen in der Wechselwirkung mit den Veränderungen auf Regierungsebene wie auch mit sozialen Bewegungen in den letzten zehn Jahren ausdifferenziert und entwickelt haben.
1. Eine erste diesbezügliche Bewegung lässt sich als Reaktion auf die Wahlen im Oktober 1999 erkennen: Zunächst aus dem Erschrecken gegenüber der Tatsache, dass Haiders FPÖ zur zweitstärksten Partei im Land geworden ist, gründet sich – so will es die Legende – in Isolde Charims Küche die österreichische Zivilgesellschaft. Diese – und hier verzichte ich auf die Problematisierung des Begriffs Zivilgesellschaft, die einen wichtigen Strang des Diskurses um 2000 ausmachte – steht zum einen in der Tradition des moralischen Anti-Rassismus und der Lichterketten der 1980er und 1990er, lässt aber auch schon Schritte zu deren Problematisierung erkennen, vor allem in ersten Tendenzen zur Einforderung von rechtlicher Gleichstellung und im langsam erwachenden (An-)Erkennen der Positivität migrantischer Kämpfe. Im Changieren zwischen moralischem und politischem Anti-Rassismus, in der paradoxen Verbindung von subjekt-/opferzentrierten und auf strukturelle Veränderungen abzielenden Positionen, im mühsamen und widersprüchlichen Versuch, traditionellere Organisationen mitzureißen, entwickeln sich im Jahr 2000 weit reichende Verkettungen von linken Intellektuellen, NGOs, Gewerkschaften und Parteien, eine soziale Bewegung erstaunlichen Ausmaßes. Die GründerInnen der Demokratischen Offensive3, neben der Philosophin Isolde Charim auch der Schriftsteller und Essayist Doron Rabinovici und der Journalist Robert Misik, sind wohl vor allem als Aktualisierungen der Position einer universell-intellektuellen Avantgarde in der Tradition von Zola bis Sartre zu sehen, einer Position, die als solche schon aufgrund ihrer strukturellen Unhaltbarkeit zum Scheitern verurteilt ist, die zugleich jedoch die Wirkungskraft klassisch intellektueller AkteurInnen in Widerstandsformationen beispielhaft aufzeigt: In der Wechselwirkung der Aktion einer Gruppe von Intellektuellen, weniger Medien und des Entsetzens breiter Bevölkerungsteile angesichts der drohenden Regierungsbeteiligung, wenn nicht Kanzlerschaft Jörg Haiders, schwellen die Proteste bis zum Februar 2000 auf eine in dieser Generation in Österreich unerlebte Qualität und Quantität an. Widerständige Wunschproduktion und phantasievolle neue Protestformen breiten sich durch die Donnerstagswanderungen auf ganz Wien aus, alternative Radios, Webkommunikation und neue Zeitschriften erweitern den medialen Raum, und durch vermehrten Druck vor allem migrantischer AktivistInnen und Organisationen ereignet sich sogar eine kurze Phase der Ausdehnung des politischen Antirassismus.
2. Davor schon und parallel zu dieser ersten Formierung des intellektuellen Widerstands (und auch nicht weniger wirkmächtig) hatte sich ein Diskursstrang der etablierten Medien- Intellektuellen4 um die beiden Philosophen Konrad Paul Liessmann und Rudolf Burger herausgebildet, die eine spezifische Form diskursiver Partizipation an der Wende hin zu Haider und Schüssel betrieben.5 Noch bevor sich in der Linken signifikant der Widerstand gegen Haider bündelte, ereignete sich schon der präventiv-diskursive Angriff auf diesen Widerstand in den Kommentar-Spalten von Standard und Presse: "Eine Regierung unter maßgeblicher Beteiligung, wenn nicht unter der Kanzlerschaft Haiders – wäre dies eine Gefahr, wie allenthalben behauptet wird? ", so fragte Rudolf Burger in einem Standard-Kommentar vom 11.12.1999 und antwortete erwartungsgemäß: "Eine Koalition mit Haider sollte man tunlichst vermeiden, aber wenn man sie eingeht, wäre dies auch kein großes Malheur. " Und Burger vergaß schon 1999 nicht darauf, noch etwas über die "parasitäre Erregung " derer nachzuschieben, die nicht endlich den Deckel des Vergessens über den Holocaust-Topf stülpen. In dieser rhetorischen Strategie, die Burger im Lauf des letzten Jahrzehnts zu zunehmend heftigeren revisionistischen Ausfällen ausbaute, wurden Alarmismus und Moralismus gerade dort bekämpft, wo sie nicht sind. Ähnliche Scheingefechte gegen eine angeblich alarmistische Linke fanden sich in den medialen Interventionen von Konrad Paul Liessmann, der nicht müde wurde, die wahren Schuldigen der politischen Krise von 1999 zu benennen, nämlich die Intellektuellen. Und damit meinte er natürlich nicht sich selbst, sondern die anderen: Die "kritische Intelligenz " oder auch die "intellektuelle Elite " habe das Phänomen Haider befördert.
Nun könnte das Ganze als völlig irrelevantes Scharmützel zwischen den Intellektuellen-Formationen und -Generationen abgetan werden, wie auch im Laufe der darauf folgenden Debatte behauptet wurde: "Im Feuilleton sind wir unter uns. " Dem ist aber nicht so. Narzissmus und Opportunismus, kaum verhohlen in den immer spektakulärer werdenden Provokationen der Medienintellektuellen, sind nicht einfach individuelle Verformungen von ein paar unter sich bleibenden, eitlen Philosophen, sie entstehen zunächst als Funktion des veränderten (medialen) Produktionsprozesses6, und sie strahlen über das Feld hinaus. Allerdings nicht mehr als solitäre Voraussicht des unmöglichen universellen Intellektuellen, sondern als rhetorische Winkelzüge, die flink das Spektakel bedienen. Die Effekte dieser eher diensteifrigen als gelehrten Diskurse durchziehen jedoch als Legitimationsgrundlagen andere Diskurse und wirken damit weit über die Kommentarspalten hinaus. Wie weit, zeigt sich an der Tatsache, in welchen Kontexten Burgers und Liessmanns Schattenboxen gegen "die Linke " rezipiert, zitiert und wieder veröffentlicht wurde: Einerseits – und hier schließt sich der Kreis von der diskursiven Vorwegnahme der politischen Wende über die erfolgte Regierungsbeteiligung der FPÖ bis zur selbstlegitimierenden Regierungsbezugnahme auf die Antizipation durch die Intellektuellen – wurde die Wendetrommel der österreichischen Medienintellektuellen auch prompt vom neuen Kunststaatssekretär Morak gerührt und massiv zu einer Apologie für sein Zusammengehen mit einer Partei verwendet, deren Chef er, Morak, noch fünf Jahre zuvor mit einem deftigen "Raus mit Haider aus Österreich! " bedacht hatte. Auf die Frage, weswegen er nun seinen Kopf für Haider hinhalte, antwortete Morak in einem Standard-Interview mit dem Titel "Ich glaube nicht, daß ich lüge " vom 10.2.2000: "Ich bin überzeugt, dass wir Kritiker des Systems wie Rudi Burger, Robert Menasse und Konrad Paul Liessmann nicht ernst genug nehmen können ... "
Im Juni 2000 lud Wolfgang Schüssel die "Systemkritiker " gemeinsam mit ihrem prominenteren Philosophenkollegen Peter Sloterdijk zur Geburtstagsjause ins Bundeskanzleramt, d.h. eben genau diejenigen wenigen, die in den radikalapologetischen Reden von Regierungsmitgliedern regelmäßig als einzige Beispiele kritischer Intelligenz zitiert wurden, die der "Wende " etwas Positives abgewinnen konnten. Liessmann und Burger nahmen im Gegensatz zu Robert Menasse die Einladung an und verschafften damit dem Vorsitzenden einer Regierung, der fast alle Repräsentationsauftritte im kulturellen Feld verweigert wurden, ein Quentchen jenes symbolischen Kapitals, das er so bitter nötig hatte, weil es ihm fast durchgehend verwehrt wurde. Die Bestreikung der rechten Regierung durch KünstlerInnen und Intellektuelle, und auch durch deren Institutionen, hatte sich als ein umstrittenes, aber durchaus erfolgreiches Instrument des Widerstands im Kontinuum von künstlerischen und medialen Widerstandsaktionen, Demonstrationen und Veranstaltungen erwiesen. In dieser Hinsicht erschienen Liessmann und Burger also weniger als Systemkritiker denn als doppelt system-affirmierende Figuren, als Regierungsapologeten und als Streikbrecher.
3. Zum anderen – und hier bewegen wir uns hin zu einem dritten Phänomen diskursiver Verschiebungen um 2000 – befand eben gerade Andreas Mölzer einen Vortrag Liessmanns für würdig, ihn (unautorisiert allerdings) in Zur Zeit (01–02/00) zu publizieren, wohl vor allem deswegen, weil bei Liessmann Faschismus und Kommunismus, Auschwitz und Gulag undifferenziert nebeneinander stehen, was sich wiederum trefflich neben einen Artikel über die Frage stellen ließ, wann die "Erbschuld erlischt ". Hier zeigt sich der Übergang von der zweiten Bewegung der Formierung regierungsfreundlicher Medien-Intellektueller hin zu der Stärkung eines dritten Bereichs, des rechtsradikalen Diskurses, der zunehmend Verbindungen zwischen rassistischen Bewegungen in ganz Europa herzustellen begann. Der taktisch motivierten Normalisierung des rechtsextremen Rands durch die "christlich "- "soziale " ÖVP auf Ebene der Regierung korrelierte eine Normalisierung des rechtsextremen Diskurses durch die Intellektuellen der Wende. Umgekehrt fand das rechtsradikale Feuilleton nicht nur indirekte Anbindungen an die Medienintellektuellen, sondern auch und vor allem an die Regierung. Gerade die staatliche Publizistikförderung für Zur Zeit ermöglichte es, dass das Mölzer-Blatt in dieser Zeit auch massiv in die Zeitschriftenständer und sogar die öffentlichen Plakatwerbungen vor den Trafiken diffundierte.
4. Nicht von ungefähr kam es also, dass die parallel zur Demokratischen Offensive gegründete Plattform gettoattack ihre allererste Attacke genau an dieser Nachbarschaftszone der Funktion Liessmann und der Funktion Mölzer anlegte. Im gettoattack- Kommentar im Standard vom 4.11.1999 wurde, allerdings nicht unter dem ursprünglich vorgeschlagenen Titel "Und siehe, ein neuer Mölzer ward uns geboren ", ausführlich analysiert, wie die Liessmannsche Version vom "Prinzip der Schuldumkehr " funktioniert. Verkürztes Fazit: Die Relativierung und Normalisierung von Ressentiments, Rassismus und Rechtsradikalismus betreibt nicht die kritische Intelligenz, sondern die unkritische – unter anderem Liessmann.
Die Labelpolitik von gettoattack richtete sich aber nicht nur gegen das Verschwimmen und Andocken von rechtsradikalen und vorgeblich "systemkritischen " Diskursen, sondern versuchte auch, die gewohnten Formate und Figuren der Mainstream- Medien, vor allem die Prominenz des Namens zu unterwandern, das Autorsubjekt mit dem Label gettoattack zu substituieren. So einfach ging das allerdings nicht, weder inhaltlich noch formal. Der vorgeschlagene Titel des gettoattack-Artikels im Standard wurde vom zuständigen Redakteur wegen der Konstruktion der Linie Liessmann–Mölzer, die sich erst zwei Monate später in Zur Zeit klarer materialisieren sollte, abgelehnt. Außerdem wollte der Redakteur auch das Label nicht als Signatur akzeptieren. gettoattack wählte die zweitbeste Version, und setzte dreizehn Unterschriften unter den in der Hauptsache von einer Person verfassten und dennoch vielstimmigen Text. Dieser erste Artikel war also zugleich eine Attacke auf die dienstfertige Selbstinstrumentalisierung der österreichischen Medienintellektuellen und auf die Funktion des Namens im Medienspektakel, aber auch Formierungsakt einer transversalen, anti-identitären Plattform7, die in den nächsten Monaten neben anderen Gruppen wie Performing Resistance und Volkstanz in konfliktueller Auseinandersetzung mit breiteren Gruppierungen wie der Demokratischen Offensive eine reiche Praxis der künstlerischen, politischen und medialen Intervention beginnen sollte.8
Die beschriebenen vier Formationen lassen sich an einem bestimmten Zeitpunkt Ende 1999 / Anfang 2000 wahrscheinlich klarer unterscheiden als sonst. Danach haben sich die Formationen noch wesentlich stärker ausdifferenziert, teilweise auch im negativen Sinn der Aufsplitterung, Zerstreuung und Vereinzelung, die Intellektuellen-Profile haben sich allenthalben aufs Neue materialisiert und neues symbolisches Kapital produziert, die Formationen sind in ihren Übergängen zugleich diffuser geworden. Es ist in diesem Zusammenhang nicht von der Hand zu weisen, dass nicht nur Burger und Liessmann, sondern auch manche der UnterzeichnerInnen selbst des ersten vielstimmigen gettoattack-Textes (unter anderem ich selbst), und noch stärker die AkteurInnen der Demokratischen Offensive, sich wiederholt in den Mechanismen von Opportunismus und Narzissmus verfingen. Dies schreibe ich nicht in psychologisierender Intention, sondern um auf strukturell bedingte Subjektivierungsweisen hinzuweisen: Je näher am Spektakel des journalistischen Produktionsdrucks von sensationsschwangeren Essays und Kultbüchern, an seichten Remixes von Widerstandsfiguren, an der leicht verdaulichen Aufbereitung etwa von Marx für Eilige, für Manager oder für solche, die meinen, Marx wäre mit 1989 zum zweiten (und letzten) Mal gestorben, desto augenfälliger die Praxis der Selbst- Inszenierung (mit ihrer doppelten Problematik von Individualisierung und Repräsentation), sowohl auf den großen Bühnen des Widerstands im Februar 2000, als auch vor allem auf den medialen Bühnen der Monate und Jahre danach.
Alle maßgeblichen Widerstandsplattformen lösten sich schon im Laufe der ersten Legislaturperiode von Schwarzblau auf. Doch die Effekte der vielfältigen Bewegung sind keineswegs gering zu schätzen. Viele Intellektuelle und KünstlerInnen arbeiten in ihren journalistischen, akademischen und künstlerischen Praxen vor dem bewussten oder unbewussten Hintergrund der Politisierungserfahrungen von 1999ff. Und einige Strukturen haben sich als nachhaltige Effekte erwiesen, etwa alternative Medienprojekte wie das postpoplinke Magazin MALMOE, die Zeitschrift für linke Theorie und Debatte Grundrisse, das Stadtforschungsmagazin derive, die neu orientierten Zeitschriften Kulturrisse für den kulturpolitischen und Anschläge für den feministisch-queeren Bereich, die Freien Radios, die Netzkulturinitiativen und andere mehr. Diese breite alternative Medienlandschaft entwickelte sich nicht zuletzt deswegen notwendigerweise, weil die breiteren, liberalen Medienprojekte wie Standard, Falter oder FM4 nach deutlichen Politisierungsprozessen und dementsprechenden Verschiebungen ihrer Publikationspolitik um 2000 in den letzten Jahren aufs Neue Subjekte der Normalisierung geworden sind. Die Medien-Narzissten haben sich über die Jahre auf sehr unterschiedliche Wege begeben, Liessmann in eine weniger politische, dafür umso populärere philosophische Karriere als "meistgefragter Philosoph Österreichs ", Burger in die Emeritierung. Die Normalisierung rechter Figuren und Diskurse durch die "liberalen " Medien scheint aber wieder auf einen ähnlichen Stand wie vor zehn Jahren gekommen: Im Dezember 2007 schreibt Standard-Redakteur Ronald Pohl in durchgehend affirmativem Duktus eine Eloge auf das neue Buch Rudolf Burgers, eine neuerliche revisionistische Anrufung des Vergessens. Dies scheint nur ein exemplarischer Fall der Bewegung zurück auf jenes mediale Territorium, auf dem sich nicht nur der Standard schon vor seiner kurzfristigen Verschiebung ins Linksliberale bewegt hat.9 Und Zur Zeit genießt nach wie vor die Förderung der österreichischen Regierung: 2007 hat das Rechtsaußen-Blatt aus der Vertriebsförderung für Wochenzeitungen 48.315 Euro erhalten (zum Vergleich: profil bekam 50.287 Euro). Kein Grund zwar, die Differenzen zwischen Schwarzblau und Rotschwarz auszublenden, aber immerhin ein Hinweis darauf, dass eine komplexere Sicht des Verhältnisses von Intellektuellen, politischen Parteien und medialem Spektakel notwendig ist, um jene oben angedeutete Folie einer globalen Entwicklung des Kapitalismus hin zu einem die intellektuellen und affektiven Komponenten der Produktion ausbeutenden Gefüge überhaupt wahrzunehmen. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang muss hier leider, aber immerhin im Lichte der Gewinnung von Klarheit, als weitgehend offen bleibende formuliert werden: Was wäre eine emphatisch-politische Intellektuellen-Position, die über ihre Indienstnahme als Funktion der Medien hinausgeht? Wie kann die Anrufung der Medienintellektuellen durch die Institutionen und Gefüge des kognitiven Kapitalismus durchbrochen, wie kann die Spirale von Narzissmus und Opportunismus in eine kollektive Praxis des General Intellect transformiert werden?